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Rückenschmerzen

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Wissenschaftliche Basisinformationen zum Thema Rückenschmerzen

Rückenschmerzen sind so alt wie die Menschheit. In den Ländern mit westlichem Lebensstil ist ein explosionsartiges Ansteigen der Rückenschmerzen und der Folgekosten zu verzeichnen. Die Syndrome lassen sich als manifestierte Chronizität bezeichnen.

In Deutschland leiden an jedem beliebigen Tag ca. 40% aller Erwachsenen an Rückenschmerzen. Die Jahresprävalenz beträgt 70%, die Lebenszeitprävalenz sogar 80%. Nicht untersucht ist, ob der Schweregrad der Schmerzen zugenommen hat (Amberger, 1996).

Die Selbstheilungstendenz von Rückenschmerzen ist außergewöhnlich hoch. Nach 2 Wochen liegt sie bei 65%, nach 6 Wochen bei ca. 90%, unabhängig der Behandlung. Auffallend ist die Rezidivquote, die bei ca. 60% liegt (Riede 1995, Mayer et al. 1991). Es bleibt festzuhalten, dass 15% zu chronischen Patienten werden und damit 85% aller Folgekosten produzieren. Bei über 80% der Patienten mit Rückenschmerzen lassen sich trotz modernster Technologien keine strukturellen Schädigungen feststellen. Es handelt sich hierbei um funktionelle Probleme, d.h., es betrifft das Zusammenspiel der Gelenke, Muskeln und Sehnen. Diese sind jedoch durch geeignete Maßnahmen, die erfolgreich muskuläre Dysbalancen beheben, z.T. reversibel.

2006 entstanden durch Muskel- und Skeletterkrankungen (Dorsophathien, ICD10 M 45–54) in Deutschland Kosten für den Produktionsausfall in Höhe von 8,5 Milliarden € (baua-aktuell, 4, 2007). Das entspricht 3,5 % aller direkten Krankheitskosten. Die Krankheitskosten von Erkrankungen des Skeletts, der Muskeln und des Bindegewebes belaufen sich laut Statistischem Bundesamt auf 24,5 Milliarden Euro (2004); ein Drittel davon sind auf Rückenleiden zurückzuführen. Die Arbeitsschutz-Experten der BAUA fordern deshalb eine intensivere Präventionsarbeit. Dazu gehören auch eine neue Form der Kommunikation in Unternehmen sowie eine Anpassung der Führungsstile beim Personalmanagement.

Meta-Analysen über Rückenschulprogramme und deren evaluierte Effekte bei muskuloskelettalen Beschwerden und Erkrankungen (MSE) im Konsens mit beruflichen Belastungen zeigen eine überdimensionale Zunahme an Forschungserkenntnissen, wie eine jüngere NIOSH-Übersicht (Bernard 1997) mit dem Verweis auf mehr als 6.000 Veröffentlichungen zeigt.

Nachdenklich und beeindruckend sind z.B. die Studien von Maier-Riehle/Härter (1996) und der Forschungsgruppe um Raspe (Lühmann et al. 2000), die die Frage der Evidenz von Rückenschulmaßnahmen untersuchten. Die behaupteten Effekte einiger Rückenschul-Anbieter eines unterstellten Wirkzusammenhangs mit Verbesserung der kognitiven Voraussetzungen bis hin zur Veränderung rückengerechten Verhaltens, geringerer Schmerzintensität, Verringerung alltäglicher Funktionseinschränkungen und sogar geringerer Inanspruchnahme medizinischer Behandlungen und Leistungen, konnte hierbei in 18 Studien bei Teilnehmern mit akuten oder rezidivierenden Rückenschmerzen (AHCPR 1994, Royal College of Practioners 1996, ANDEM 1996, Maier-Riehle & Härter 1996) nicht nachgewiesen werden.

Ebenfalls keine Wirksamkeit zeigten Rückenschulen außerhalb der Arbeitsplatzumgebung als Primärpräventionsmaßnahme (UPSTF 1996, Lahad 1994).

Nachweisbare Effekte zeigten dagegen einige kombinierte (combined approach) Rückenschulmaßnahmen (Interventionsmaßnahmen bestehend aus einer Kombination von z.B. medizinischem Aufbautraining, physiotherapeutische Einzelbehandlung, ergonomischen Maßnahmen & Arbeitstechniktraining & psychosozialen Maßnahmen).

Das Review zeigte eine stabile Senkung der AU-Tage auch über einen längeren Zeitraum nach Beendigung des Programms. Ferner scheinen bei intensiven Interventionen die Schmerzintensität und die Häufigkeit von Arztbesuchen positiv beeinflussbar zu sein (vergl. Lenhardt, Elkeles & Rosenbrock 1997, Wickström et al. 1993, Müller 2004).

Dies konnte auch in den letzten Jahren durch einige ambulante Rückenschmerz-Therapien bestätigt werden, bei denen aktive und intensiv multimodulare Konzepte bei chronischen Rückenschmerzen erfolgreich eingesetzt werden konnten (FTP-Konzept nach Denner, Göttinger Arbeitsgruppe nach Hildebrandt und Pfingsten, Rücken-Intensivprogramm nach Kempf und Wolf) (Kempf. H.J., Wolf, R., 2001). Eine Kausalbeziehung zwischen MSE, physikalischen Arbeitsfaktoren und psychosomatischen Folgeerscheinungen erlauben heute erste abgesicherte Aussagen. Dies zeigen auch die Ergebnisse einer Integrationsstudie von psychischen und psychosozialen Einflussfaktoren in jüngeren Forschungsbemühungen (vgl. dazu Wieland, 2008). 40 % der AU-Fälle mit der Diagnose Rückenbeschwerden (Dorsophathien) sind durch körperliche Belastungen bedingt, 49 % durch psychische Belastungen am Arbeitsplatz (vergl. Bödeker et al. 2002: 11f.).

Bedenklich stimmt auch die Tatsache, dass die betroffenen Personen zusätzlich zum eigentlichen Rückenschmerz mit seinen Folgeerkrankungen häufig ein stark erniedrigtes Selbstwertgefühl haben. Dies führt oft zu weiteren gesundheitlichen Störungen und gesellschaftlicher Isolierung.

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